Fassentleerung und Angels’ Share

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News vom Master Distiller Mario Rudolf – 24. Juni 2020

Am Tag des deutschen Whiskys, dem 27. Juni 2020 stellten wir bei  St. Kilian unsere neue Signature Edition FIVE vor. “Five Virgins” – fünf frische unbelegte Fassarten sind eingeflossen. Eine wahre Aromabombe mit viel Würze, Kräutern und angenehmen Holznoten in Verbindung mit Vanille und Süße.

Wie funktioniert die Fass-Entleerung?

Hier zeigen wir Euch, wie wir unsere Fässer dafür entleeren. In allen entleerten Fässern waren Teile der neuen Signature Edition FIVE….

Die Fässer werden zur Entleerung auf eine eigens für uns konstruierte Edelstahlwanne aufgelegt, mit dem Spundloch nach oben. Diese lagern dann auf praktischen Rollen, so dass sie sich zur Entleerung sehr einfach um 180 Grad über das Spundloch drehen lassen. Dann läuft das Fass komplett leer. Ein wenig wird es noch hin und her gedreht – fertig und leer! Jedes Fass wird in eine extra Wanne entleert. Drei Wannen ermöglichen die Entleerung von drei Fässern gleichzeitig.

Wie wird der Alkoholgehalt ermittelt?

Getrennte Wannen sind zollrechtlich notwendig, denn durch die Entleerung vermischt sich der zuvor im Fass geschichtete Alkohol. Davon wird dann jeweils eine Probe entnommen. Der Alkoholgehalt wird anschließend durch geeichte Spindeln ermittelt. Durch das Wägen der Gewichte des vollen Fasses vor Entleerung und des leeren Fasses danach wird das Gewicht festgestellt. Über Gewicht und Alkoholgehalt in vol% wird später mittels amtlicher Alkoholtafel über die “Alkoholdichte” lA / 1000kg-Mischung die tatsächliche Alkoholmenge ermittelt.

Dann pumpen wir die Kammern um in einen Mischtank. In diesem werden alle Fässer vermählt zu der von uns angedachten Komposition. Bei Bedarf wird diese durch Zugabe von enthärtetem Wasser auf den gewünschten Alkoholgehalt verdünnt. Im Anschluss daran wird filtriert. Bei uns warm und recht “grob” . Keine Kühlfiltration, denn St. Kilian möchte so wenig an Aromen rausnehmen wie möglich.

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Grobe Rückstände nach der Fass-Entleerung

Nach einer gewissen Harmonisierungszeit im Tank muss der Whisky dann nur noch in Flaschen abgefüllt werden und ist bereit für den Genuss.

Was ist der sogenannte Angels’ Share?

Whisky-Fans lieben ihn: den angenehmen und typischen Geruch von Holz und Whisky, der vor allem beim Besuch des Warehouses charakteristisch ist. Grund für diesen besonderen Geruch ist die Verdunstung von Whisky während seiner Lagerung in Fässern, den man auch „Angels´ Share nennt.

Frei übersetzt sprechen wir vom „Anteil des Whiskys, den die Engel bekommen“ und der leider für die spätere Abfüllung verloren geht. Bei diesem Verdunstungsprozess ist soviel Alkohol in der Luft, dass man diesen während des Destilleriebesuches sehr deutlich wahrnehmen kann.

Nicht nur mit der Nase, auch mit den Augen kann man den Alkohol erkennen: in Form von schwarz verfärbten Gegenständen und Wänden in der Nähe der Destille. Die schwarzen Verfärbungen werden durch den Pilz „Baudoinia compniacensis“ verursacht, welcher sich tatsächlich vom verdampften Alkohol ernährt.

Wie hoch ist der Angels’ Share?

Wieviel Prozent pro Fass und Jahr verdunsten, hängt von seinen Umgebungsfaktoren wie der Luftfeuchte, der Temperatur und dem Luftdruck ab und bei der Whisky-Herstellung geht man von 1-2% pro Jahr aus. In heißen Ländern wie zum Beispiel in der Karibik ist dieser wesentlich höher als im kühlen Schottland. Um den Anteil für die Engel möglichst gering zu halten achtet man auf ein möglichst kühles und feuchtes Klima im Warehouse. Weiterhin spielt auch die Fassgröße eine große Rolle, denn rein rechnerisch ist der Anteil vom Angels´ Share in kleinen Fässern, die oft bei St. Kilian eingesetzt werden wesentlich größer als bei großen Fässern.

Gemeinsam mit dem Zoll wird dann regelmäßig abgerechnet. Wie hoch war der Verlust pro Jahr tatsächlich? Bis zu 4% pro Jahr sind in Deutschland erlaubt. Alles, was darüber geht muss versteuert werden. Auch, wenn es gar nicht mehr da ist und keiner es genießen konnte!

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